Evelyn Richter gehört zu den hervorragenden Vertreterinnen der sozial-dokumentarisch geprägten Fotografie in Deutschland. Sie fotografiert aus einer merkwürdig verstörenden Sicht, die Kritiker eine östliche nannten und darin etwas schwer Verdauliches, anarchisch Melancholisches bemerkten, vor allem in der Art, wie Evelyn Richter mit der Kamera die Linien von Gesichtern, Mimik und Gestik nachzeichnet: schmerzhaft zärtlich gnadenlos.
»Ich will im Porträt zeigen, wie der Mensch zu sich findet. Ich suche den Augenblick der Konzentration, nicht das Extreme«, bekannte Evelyn Richter in einem Interview.
Fernab von jedweder Propaganda oder Gefälligkeit reflektieren die im eigenen Auftrag entstandenen Fotografien Lebens- und Arbeitswelten ihrer Mitmenschen. Getragen von Empathie und eignem tiefen Erleben erzählt Evelyn Richter in schwarz-weißen Bildern von Arbeiterinnen und Künstlern, Ausstellungsbesuchern und Straßenbahnfahrern.
Einen bemerkenswerten Ausdruck findet Evelyn Richters Schaffen in dem über viele Jahre erarbeiteten fotografischen Porträt des russischen Geigers David Oistrach und der Dokumentation über Leben und Werk des Komponisten und Dirigenten Paul Dessau.
»Wollte man die Bilder Evelyn Richters nach der Haltung beschreiben, aus der sie entstanden sind, so würde man Begriffe wie Aufrichtigkeit, Behutsamkeit und zweifelnde Suche nach einer bildnerischen Wahrheit verwenden. Das deutet auf moralische Qualitäten, die eine besondere Form verlangten und hervorbrachten.«
— MATTHIAS FLÜGGE — (2002)
Die Ausstellung war ein gemeinsames Projekt der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, des Evelyn-Richter-Archivs der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Museum der bildenden Künste Leipzig und des Leonhardi-Museums Dresden.